Eros

Tanzpremiere mit Orchester am 11. Mai in der Theaterfabrik Blaue Halle
Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren: Am 11. Mai kommt die neue Tanzproduktion Eros in der Theaterfabrik Blaue Halle zur Premiere. Ausgangspunkt für das mehrteilige Programm war das bekannte Prélude à l’après-midi d’un
faune des impressionistischen Komponisten Claude Debussy. Vor allem die tänzerische Umsetzung von Debussys sinfonischer Dichtung durch Vaslav Nijinsky und die Ballets Russes aus dem Jahr 1912 inspirierten das Thema für Eros.

Im Laufe der Geschichte gibt es unterschiedliche Auslegungen des Begriffs Eros: In der antiken Mythologie sind Eros (in der griechischen Version, das römische Pendant ist Amor) ebenso wie Faune in Szenen von dionysischem Treiben zu finden. Das Liebesspiel endet für die Beteiligten dabei oft in Verwirrung oder Wahn. Der Philosoph Platon definiert Eros als Wesen zwischen Gott und Mensch, weshalb Sokrates ihn im Symposion als Bindeglied zwischen dem Sinnlichen und dem Geistigen beschreibt, als Drang nach dem Schönen, Wahren und Guten. Auch Sigmund Freud verbindet Eros im Unterschied zur trieborientierten Libido mit etwas Geistigem und weist ihn der Lebenslust zu. In diesem Sinn ist für Ballettdirektorin Dominique Dumais „Kreativität der Ausdruck einer Lebenslust, die sich auf eine lebensbejahende Handlung konzentriert; das Streben, etwas zu erschaffen, wenn nicht von Schönheit, so doch von Bedeutung.“
Wenngleich Eros keine einheitliche Handlung verfolgt, erzählen die unterschiedlichen Tanzszenen von Liebe, Leidenschaft und den vielseitigen Facetten menschlicher Beziehungen.

WIE OBEN SO UNTEN
Eros gliedert sich in zwei Teile: Die erste Programmhälfte gestaltet Choreograf Robert Glumbek. Er setzt sich darin mit dem scheinbar unbewussten, physischen Phänomen der Anziehungskraft auseinander und bezieht sich in seiner Choreografie unter anderem auf die Bewegungen von Planeten, wie sie umeinander kreisen, sich einander annähern oder sich wieder voneinander entfernen. Im Rahmen der Thematik von Eros geht Glumbek dabei der Frage nach, wie die Bewegungen der Planeten mit mythologischen und antiken Liebesgeschichten verbunden sind, tragen sie doch die Namen römischer Götter, wie Jupiter, Mars oder Venus. Sein Stück, das Glumbek zu Karol Szymanowskys vierter Sinfonie (1932) kreierte, ist wie diese in drei Abschnitte und Erzählebenen geteilt: Der erste Satz (Moderato) zeigt Archetypen antiker Götter entsprechend der Planeten, während der zweite Satz (Andante) den Göttern gleichende Menschen im Alltag darstellt. Für den dritten Satz (Allegro) betrachtet Glumbek den Menschen als Teil des Kosmos
und wie er sich ins Gefüge des großen Ganzen eingliedert. Entsprechend der Widerspiegelung der Göttergeschichten (I. Satz) im Alltag der Menschen heute (II. Satz), mit ihren individuellen Liebesgeschichten, gibt Glumbek seinem Stück den Zusatz-Titel As above so below, „Wie oben so unten“.

DAS GROSSE CRESCENDO
Eros ist maßgeblich durch die Musikauswahl geprägt, was bereits bei Szymanowskis vierter Sinfonie für Robert Glumbeks Kreation deutlich wird. Dominique Dumais eröffnet den zweiten Teil des Programms mit Debussys Nachmittag eines Faun und beschließt ihre Choreografie mit Maurice Ravels Boléro als großem Finale des Abends. Szymanowski, Debussy als auch Ravel zählen zu den Hauptvertretern des musikalischen Impressionismus, der die Stimmung eines bestimmten Augenblicks zum Ausdruck bringen will. Auch wenn Ravels Boléro kompositorisch und mit einer Uraufführung im Jahr 1928 nicht mehr ganz dem Impressionistischen zugerechnet werden kann, setzt das einprägsame Werk doch die richtige Stimmung für das Finale von Eros. Ravel widmete seinen heute weltberühmten Boléro der Tänzerin Ida Rubinstein und konzipierte ihn ursprünglich auch für die Bühne. Das Stück wird durch den
ununterbrochen gleichbleibenden Rhythmus der Trommel definiert. Das Grundmotiv der Komposition wird im Verlauf des Stücks immer und immer wiederholt, wobei Melodie, Harmonik und Tempo stets gleich bleiben. In der ständigen Wiederholung baut es sich jedoch über ein rund 15-Minütiges Crescendo des Orchesters zum großen Höhepunkt auf.

DIE FEHLENDE HÄLFTE
Im choreografischen Prozess war für Dominique Dumais auch der Gedanke des Suchens nach einer zweiten Hälfte, dem fehlenden Gegenstück ein bestimmendes Moment aus der griechischen Mythologie. Der Mythos der Kugelmenschen entstammt Platons Symposion.´Darin erläutert Aristophanes in seiner Rede über Eros und Erotik das Bild der ursprünglichen Form der Menschen als Kugel, in der immer zwei Hälften zu einem vollständigen Ganzen
vereint sind. Wegen der in dieser Form stets wachsenden Kraft und Selbstständigkeit der Menschen zerteilte Zeus sie in zwei Hälften, um sie zu schwächen. Unvollständig sind sie fortan auf der Suche nach ihrer zweiten Hälfte. Dabei ist nach Aristophanes’ Erzählung das Wiedererlangen der ganzheitlichen Form nur mit der Hilfe von Eros möglich.
Kostümfigurinen von Verena Hemmerlein
STOFFLICHKEIT
Nach dem Erfolg von Chaplin! ist Verena Hemmerlein erneut Teil des Produktionsteams und entwarf für Eros das Bühnen- und Kostümbild. Für Robert Glumbeks Stück kreierte sie moderne Figuren zu den Archetypen der Gottheiten, wobei sie sich bei der Farbgebung der Kostüme an den entsprechenden Planeten orientierte, etwa Rottöne für Mars. Zum Teil wurden dazu Stoffe mit Motiven bedruckt, die aus realen Fotos der Planeten und der Struktur ihrer Oberflächen generiert wurden. Die Kostüme des zweiten Satzes sind dabei konsequenterweise eine Übertragung der mythologischen Figuren des ersten Satzes auf die alltägliche, menschliche Ebene. Bei Dominique Dumais’ Kreation prägte Nijinskys Nachmittag eines Faun auch das Design. Hemmerlein erklärt: „Das Kostümbild zielt hier in den Materialien ab auf einen Kontrast zwischen dunkler, urwüchsiger Erdverbundenheit und schimmernder Zartheit. Dabei war uns wichtig, viel Haut zu zeigen, ohne die Körper bloßzustellen, mit dem Reiz des Gerade-noch-nicht-Sichtbaren,
aber Erahnbaren zu spielen.“

PREMIERE
Samstag, 11. Mai 2024 | 19:30 Uhr
Theaterfabrik Blaue Halle

WEITERE VORSTELLUNGEN
Mittwoch, 15. Mai 2024 | 19:30 Uhr
Donnerstag, 23. Mai 2024 | 19:30 Uhr
Mittwoch, 5. Juni 2024 | 19:30 Uhr

Weitere Termine und Informationen hier. Einführung jeweils 35 Minuten vor Beginn
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