Prinz Gonzaga ist von der bürgerlichen Emilia Galotti besessen. Nachdem er erfährt, dass sie den Grafen Appiani heiraten und die Stadt verlassen wird, beschließt er, sie zu verführen. Als sie ihm jedoch nicht die erhoffte Antwort
gibt, schmiedet der Zurückgewiesene einen infamen Plan, der sogar den Tod des eigentlichen Bräutigams in Kauf nimmt. Dem Prinzen entgleitet zunehmend die Kontrolle über das Geschehen.
Als dann seine Mätresse, Gräfin Orsina, auftaucht, droht die Intrige endgültig zu scheitern.
Mit Emilia Galotti schuf Lessing eines der prägendsten Werke des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Das bürgerliche Trauerspiel wurde 1772 in Braunschweig anlässlich des Geburtstages der Herzogin Philippine Charlotte uraufgeführt. Lessing beschäftigte sich lange mit der antiken römischen Erzählung über Virginia, in der ein Vater seine Tochter ermordet, um sie vor einer Vergewaltigung zu schützen. Lessing rückte bei seiner Bearbeitung von der ursprünglichen Handlung ab und wollte mit der Emilia eine „bürgerliche Virginia“ schaffen. Marcel Keller zeichnet verantwortlich für das Bühnen- und Kostümbild von Sigrid Herzogs Emilia Galotti-Inszenierung. Im Gespräch mit Dramaturgin Barbara Bily beantwortete er einige Fragen.
Barbara Bily: Das Stück von Lessing ist sehr zeitgebunden. Wie setzt du dich als Ausstatter damit auseinander?
Marcel Keller: Zum Wesen eines Klassikers gehört, dass darin Themen behandelt werden, die für uns auch heute noch Gültigkeit besitzen. Sämtliche Figuren des Stücks, ihre Leidenschaften und ihre Konflikte lassen sich, vielleicht mit anderen Titeln oder Berufsbezeichnungen versehen, leicht in unserer Gegenwart wiederfinden. Auch Standesunterschiede und aus dem gesellschaftlichen Status abgeleitete Privilegien sind in unserer als liberal angesehenen Gesellschaft immer noch oder sogar verstärkt wieder spürbar. Sigrid Herzog und ich haben uns daher darauf geeinigt, die Kostüme für Emilia Galotti in unserer Gegenwart anzusiedeln und somit ein Stück näher zu uns als Zuschauende heranzurücken. Der Balanceakt für den Kostümbildner besteht darin, den Figuren ein persönliches Profil zu geben, ohne die Schauspieler in ein Korsett zu zwingen und dem Zuschauer eine Lesart aufzudrängen. Bei der Bühne haben wir uns für eine eher abstrakte Lösung mit vielen Spielmöglichkeiten entschieden, welche auch dem Werk raum-Charakter der neuen Bühne Kleines Haus Rechnung trägt.
Barbara Bily: Emilia will ausbrechen aus den Verhältnissen und zerbricht am Ende daran. Wie findet sich das im Kostümbild wieder?
Marcel Keller: Emilia ist zunächst einmal eine sehr junge Frau, die gerade überhaupt erst die Liebe, die Sinnlichkeit und das Leben für sich entdeckt. Von Vater und Mutter eher überbehütet und auf dem Weg in eine von den Eltern eingefädelte und geplante Hochzeit, ist sie gleichzeitig total überfordert und sehr verführbar, wenn der Prinz sich ihr nähert. Für das „Überbehütete“ steht zu Beginn des Stücks eine Art Schuluniform, wie sie an Eliteschulen bis heute üblich ist. Das Hochzeitskleid, das sie später trägt, präsentiert sie zugleich keusch und verführerisch, nicht nur in unserem Kulturkreis gilt ja Weiß immer noch als Zeichen der Unschuld, bis hin zu den weißen Flaggen, die in kriegerischen Situationen als Schutzzeichen bzw. Zeichen der Kapitulation verwendet werden. Was „unsere“ Emilia dann mit diesem Kleid anstellt, möchte ich hier nicht vorwegnehmen.
gibt, schmiedet der Zurückgewiesene einen infamen Plan, der sogar den Tod des eigentlichen Bräutigams in Kauf nimmt. Dem Prinzen entgleitet zunehmend die Kontrolle über das Geschehen.
Als dann seine Mätresse, Gräfin Orsina, auftaucht, droht die Intrige endgültig zu scheitern.
Mit Emilia Galotti schuf Lessing eines der prägendsten Werke des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Das bürgerliche Trauerspiel wurde 1772 in Braunschweig anlässlich des Geburtstages der Herzogin Philippine Charlotte uraufgeführt. Lessing beschäftigte sich lange mit der antiken römischen Erzählung über Virginia, in der ein Vater seine Tochter ermordet, um sie vor einer Vergewaltigung zu schützen. Lessing rückte bei seiner Bearbeitung von der ursprünglichen Handlung ab und wollte mit der Emilia eine „bürgerliche Virginia“ schaffen. Marcel Keller zeichnet verantwortlich für das Bühnen- und Kostümbild von Sigrid Herzogs Emilia Galotti-Inszenierung. Im Gespräch mit Dramaturgin Barbara Bily beantwortete er einige Fragen.
Barbara Bily: Das Stück von Lessing ist sehr zeitgebunden. Wie setzt du dich als Ausstatter damit auseinander?
Marcel Keller: Zum Wesen eines Klassikers gehört, dass darin Themen behandelt werden, die für uns auch heute noch Gültigkeit besitzen. Sämtliche Figuren des Stücks, ihre Leidenschaften und ihre Konflikte lassen sich, vielleicht mit anderen Titeln oder Berufsbezeichnungen versehen, leicht in unserer Gegenwart wiederfinden. Auch Standesunterschiede und aus dem gesellschaftlichen Status abgeleitete Privilegien sind in unserer als liberal angesehenen Gesellschaft immer noch oder sogar verstärkt wieder spürbar. Sigrid Herzog und ich haben uns daher darauf geeinigt, die Kostüme für Emilia Galotti in unserer Gegenwart anzusiedeln und somit ein Stück näher zu uns als Zuschauende heranzurücken. Der Balanceakt für den Kostümbildner besteht darin, den Figuren ein persönliches Profil zu geben, ohne die Schauspieler in ein Korsett zu zwingen und dem Zuschauer eine Lesart aufzudrängen. Bei der Bühne haben wir uns für eine eher abstrakte Lösung mit vielen Spielmöglichkeiten entschieden, welche auch dem Werk raum-Charakter der neuen Bühne Kleines Haus Rechnung trägt.
Barbara Bily: Emilia will ausbrechen aus den Verhältnissen und zerbricht am Ende daran. Wie findet sich das im Kostümbild wieder?
Marcel Keller: Emilia ist zunächst einmal eine sehr junge Frau, die gerade überhaupt erst die Liebe, die Sinnlichkeit und das Leben für sich entdeckt. Von Vater und Mutter eher überbehütet und auf dem Weg in eine von den Eltern eingefädelte und geplante Hochzeit, ist sie gleichzeitig total überfordert und sehr verführbar, wenn der Prinz sich ihr nähert. Für das „Überbehütete“ steht zu Beginn des Stücks eine Art Schuluniform, wie sie an Eliteschulen bis heute üblich ist. Das Hochzeitskleid, das sie später trägt, präsentiert sie zugleich keusch und verführerisch, nicht nur in unserem Kulturkreis gilt ja Weiß immer noch als Zeichen der Unschuld, bis hin zu den weißen Flaggen, die in kriegerischen Situationen als Schutzzeichen bzw. Zeichen der Kapitulation verwendet werden. Was „unsere“ Emilia dann mit diesem Kleid anstellt, möchte ich hier nicht vorwegnehmen.