Das Mainfranken Theater Würzburg setzt auch mit diesem Projekt die Auseinandersetzung mit dem leidvollsten Teil der deutschen Geschichte fort. Nach Produktionen wie Ich Zarah oder das wilde Fleisch der letzten Diva, Magnolienzeit, Riefenstahl und Rosenblatt sind tot und auch Muttersprache Mameloschn sowie Die Comedian Harmonists und 5 Kilo Zucker widmen wir uns nun dem zentralen Text der Tagebuchliteratur – dem Zeugnis eines 13-jährigen Mädchens – Anne Frank.

Wir freuen uns sehr, dass wir in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Würzburger Stolpersteine am DenkOrt Deportationen dieses Projekt verwirklichen können. Nachdem wir in dieser Spielzeit viele Orte Würzburgs (z.B. den Ratssaal, den Keller Z87 im Bürgerbräu Gelände und die Kirche St. Andreas) bespielt haben und dort zu Gast sein konnten, werden wir den Spielort nun nach Draußen unter freien Himmel verlegen.

Im ersten Teil der Inszenierung führt eine Audio-Dokumentation die Zuschauerinnen und Zuschauer vom Theater am Kardinal-Faulhaber-Platz zum Würzburger Hauptbahnhof. Entlang zahlreicher Stolpersteine, hinter denen sich menschliche Schicksale und Familiengeschichten verbergen, an der Schrannenhalle vorbei, einem der damaligen Sammelorte für die Deportationen aus Würzburg, und weiter zur Semmelstraße – um der Route zu folgen, die die zur Deportation verurteilten Menschen gehen mussten. Alle Geschichten und historischen Fakten können direkt am jeweiligen Ort gehört werden – der Stadtspaziergang mündet am Hauptbahnhof. Am DenkOrt Deportationen auf dem Bahnhofsvorplatz fi ndet im zweiten Teil der Monolog Das Tagebuch der Anne Frank statt. Vom Hauptbahnhof fuhr im Juni 1943 einer der letzten Züge mit deportierten Jüdinnen und Juden nach Auschwitz-Birkenau ab.

Anne Frank, ein junges Mädchen, wird am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. Ihre frühe Kindheit verbringt sie dort. 1934 wandert sie mit Mutter, Vater und Schwester Margot in die Niederlande aus, auf der Flucht vor den Nationalsozialisten. Dort bekommt sie zu ihrem 13. Geburtstag ein Tagebuch geschenkt, in dem sie noch am selben Tag zu schreiben beginnt. Über ihren Alltag in der Schule und zu Hause, ihre Gedanken, Sorgen und Ideen.
Als die Situation auch in Amsterdam für Jüdinnen und Juden immer gefährlicher wird und die Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager zunehmen, entscheidet sich die Familie unterzutauchen. Über zwei Jahre verbringen die Franks zusammen mit vier anderen Geflüchteten versteckt in dem kleinen Hinterhaus der Firma von Vater Otto Frank. Anne schreibt auch dort weiter ihr Tagebuch, und zu den alltäglichen Sorgen der Schülerin kommen existenzielle Ängste um sich, die Familie, und die Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit nach dem Krieg. Je mehr Zeit im Versteck vergeht, desto belastender wird die Situation für alle – und besonders für die 14-jährige Anne.

In der Inszenierung von Toomas Täht ist Das Tagebuch der Anne Frank als Monolog mit Anouk Elias als Anne Frank zu sehen – eine unmittelbare, emotional erfahrbare Theaterinszenierung am historischen Ort. Dieses besondere Theaterereignis wird auch im Rahmen von Schulvorstellungen zu sehen sein – ebenso wie in unserem Abendspielplan. Auf unserer Homepage wird die Audio-Dokumentation jederzeit abrufbar sein und kann so, auch unabhängig von den Vorstellungsterminen, angehört und gegangen werden. Ergänzend dazu wird es einen Stadtplan geben, auf dem die einzelnen Stationen gekennzeichnet sind. Der Audiowalk bildet den Auftakt zu einer neuen umfangreichen Projektreihe des Mainfranken Theaters Würzburg. Diese Reihe möchte das digitale Angebot für die stadtweite Erinnerungskultur ausbauen, verschiedene Episoden und Personen der Stadtgeschichte erlebbar machen und somit einen Beitrag zur politischen Bildung für alle interessierten Würzburgerinnen und Würzburger leisten.