Mit Kunstblut und Perücken

Ein Besuch in der Maske
Betritt man die Maskenabteilung des Mainfranken Theaters zum ersten Mal, kommt man mit ziemlicher Sicherheit zunächst ins Staunen. Da hängen Tiermasken, ein Grillenkopf und ein Fuchs aus Pappmaché an den Wänden, kunstvolle Perücken stehen im Regal.

Der geneigte Theatergänger wird hier die ein oder andere Maske wiedererkennen: „Das sind doch die Tiere aus dem Schauspiel „Pinocchio"! Und die stilvollen griechischen Flechtfrisuren habe ich doch bei der „Schönen Helena" schon auf der Bühne gesehen!“ Dass all diese Teile handgefertigt sind und die Perücken aus echtem Haar selbst geknüpft werden, erstaunt dann ein zweites Mal. „Als Maskenbildner fertigt man Haarteile wie Bärte, Augenbrauen oder Perücken“, erklärt die junge Maskenbildnerin Sophie Neurohr. „Das Faszinierende ist, dass sich die Grundtechnik seit hunderten von Jahren nicht verändert hat. Und gerade Perücken sind hoch und heilig. Es stecken im Schnitt nicht nur 40 Arbeitsstunden darin, sondern manche sind vor bereits 50 Jahren hergestellt worden.“ Denn Perücken können immer wieder verwendet werden, das Haar ist sehr widerstandsfähig. Es braucht also einen großen Fundus, in dem alle Haarteile aufbewahrt werden. Im Haus werden aktuell 300 bis 400 Perücken gelagert.

Neben dem Bereich der Haarteilherstellung gliedert sich der Beruf des Maskenbildners in zwei weitere Gebiete: zum einen in den Formenbau und die Special Effects. Hier werden falsche Körperteile, Wunden mit Kunstblut und Masken hergestellt. Zum anderen gibt es das verhältnismäßig kleine Gebiet des Make-up-Artist, bei dem es um das Schminken der Darsteller geht. Für Sophie Neurohr ist aber gerade dieser Bereich ein sehr intimer. Das liegt daran, dass der Maskenbildner eine der letzten Personen ist, die der Darsteller sieht, bevor er schließlich auf die Bühne geht. „Die Energie, die du dem Künstler mitgegeben hast, mit der geht er auf die Bühne. Und egal wie professionell die Person ist, wenn du dich vorher mit ihr streitest oder du sie wahnsinnig aufdrehst, dann wird sie es mitnehmen.“ Sensibilität und ein feines Gespür sind dann gefragt, nicht zuletzt auch ein dickes Fell.
AUSGEZEICHNETE ARBEIT
Sophie Neurohr hat kürzlich ihre Ausbildung zur Maskenbildnerin am Mainfranken Theater abgeschlossen und wurde als Gesamtbeste ihres Jahrgangs von der Industrie- und Handelskammer ausgezeichnet. Ihre Urkunde werden wohl die stolzen Eltern bekommen, sie selbst wüsste gar nicht, wo das Zertifikat hängen sollte. Wie es in Zukunft weitergeht, ist allerdings schon klar: Ihre Wirkungsstätte bleibt für mindestens diese Spielzeit noch das Mainfranken Theater.
WELTWEIT TÄTIG UND GEFRAGT
Maskenbildner sind generell weltweit tätig – ob an Theatern oder bei Fernseh- und Filmproduktionen. Und sie sind gefragt. Hilfreich dabei: Die mehrjährige Ausbildung in Deutschland mit einem richtigen Lehrplan bietet ein Alleinstellungsmerkmal. Denn während man beispielsweise in den USA mit einem Make-up-Artist, einem Hairstylisten, einem Perückenmacher und einem Formenbauer vier verschiedene Fachleute benötigt, kann ein in Deutschland ausgebildeter Maskenbildner alles zusammen anbieten. Das ist ein Wettbewerbsvorteil.

Für Sophie Neurohr ist klar: Auch wenn die Filmbranche freie Maskenbildner mit viel Geld lockt, sie möchte am liebsten am Theater arbeiten. Die Zusammenarbeit mit vielen Persönlichkeiten, der Austausch der verschiedenen Gewerke untereinander, die Beziehungen zu den Künstlern: All das macht den Beruf für sie einzigartig. Manchmal entwickeln sich daraus auch private Freundschaften, die die Arbeit dann noch einmal bereichern und oftmals auch erleichtern.
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