Eine musikalische Familie

"Die Comedian Harmonists" erobern das Große Haus
Unter dem Motto "Familienbande“ zeigt das Mainfranken Theater in dieser Spielzeit Geschichten über verschiedene zwischenmenschliche Beziehungen. Andreas Wiedermann inszeniert im Schauspiel "Die Comedian Harmonists", ein Stück, das von einer der berühmtesten Wahlfamilien der deutschen Musikgeschichte erzählt.


Für viele sind sie der Inbegriff der musikalischen 1920er Jahre. Beinahe jeder kennt ihre Klassiker wie "Mein kleiner grüner Kaktus" oder "Ein Freund, ein guter Freund". Das musikalische Erbe der Comedian Harmonists ist auch heute, beinahe 100 Jahre nach dem ersten Auftritt der Gruppe, noch präsent. Die Geschichte ihrer Anfänge ist weit weniger bekannt.

„ACHTUNG. SELTEN.“
Am Anfang der berühmten Erfolgsgeschichte steht die Idee Harry Frommermanns, eine Sängertruppe nach dem Vorbild des von ihm verehrten amerikanischen Vokal-Quartetts The Revelers zu gründen. Am 18. Dezember 1927 schaltet er eine Annonce im Berliner Lokalanzeiger: „Achtung. Selten. Tenor, Baß (Berufssänger, nicht über 25), sehr musikalisch, schönklingende Stimmen, für einzig dastehendes Ensemble unter Angabe der täglich verfügbaren Zeit gesucht.“ So kommt eins zum anderen, und nach kurzer Zeit proben Frommermann, Robert Biberti, Ari Leschnikoff, Roman Cycowski und Erwin Bootz das erste Mal gemeinsam. Später stößt Erich Abraham-Collin zur Gruppe dazu. Vom ersten Tag an müssen sich die jungen Männer zahlreichen Schwierigkeiten stellen, nicht zuletzt, weil sie aus unterschiedlichsten Verhältnissen stammen. Während Frommermann, Biberti und Bootz bereits seit frühester Kindheit Zugang zu einer musikalischen Ausbildung haben, ist der Schritt in die professionelle Gesangskarriere für den orthodoxen Juden Roman Cycowski oder den ebenfalls jüdischen gelernten Bankier Abraham-Collin mit großer Unsicherheit verbunden. Ari Leschnikoff kämpft anfänglich sogar mit der deutschen Sprache und findet sich nur schwer in seinen neuen Tagesablauf ein. Aber alle verbindet die Liebe zur Musik und der Traum einer Karriere.

Nach einigen erfolglosen Vorsingen erhält die Gruppe Unterstützung vom Musikagenten Bruno Levy, der für sie einen Auftritt im Berliner Admiralspalast organisiert. Dieser wird ein voller Erfolg und der Name „Comedian Harmonists“ ist geboren. Es folgt der kometenhafte  Aufstieg des Sextetts. Die Harmonists sind in ganz Deutschland und international gefragt, treten auf zahlreichen Bühnen auf und bringen in kurzer Zeit mehrere Schallplatten heraus. Der neu gewonnene Ruhm führt vermehrt zu Unstimmigkeiten zwischen den Sängern, aber die Wahlfamilie hält zusammen.

Mit Beginn der 30er Jahre und dem zunehmenden Erstarken des Nationalsozialismus steht die Zukunft der Truppe unter keinem guten Stern. Die jüdische Familiengeschichte einiger Mitglieder der Comedian Harmonists wird ebenso zum Problem wie die Arisierungsbestrebungen der Regierung für den gesamten Kulturbetrieb. Im Sommer 1934 reist die Gruppe in die USA. Es ist die letzte gemeinsame Reise. In Hinblick auf das drohende Auftrittsverbot und ein Leben in ständiger Angst entschließt sich Erich Abraham-Collin, in New York zu bleiben. Die Gruppe bricht auseinander, die Sänger gehen eigene Wege. Obwohl alle den Zweiten Weltkrieg überleben, finden die Comedian Harmonists zeit ihres Lebens nicht mehr zusammen. Was bleibt, ist ihre Musik.
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