Ein Leben für den Fussball

Das Schauspiel zu Besuch bei den Würzburger Kickers
Am 22. November feiert „Schwalbenkönig" in der Kammer Premiere. Das Jugendstück erzählt von einem Nachwuchsfußballer, der nicht nur unter enormem Leistungsdruck steht, sondern auch mit seinen Gefühlen hadert. Die Autorin dieses Beitrags traf sich im Vorfeld der Proben im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) der Würzburger Kickers mit dem Leiter des NLZ, Jochen Seuling, und Marius Fischer, dem organisatorischen Zentrumsleiter.
SUSANNE BETTELS: Seit Juli dieses Jahres gibt es hier ein NLZ des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In „Schwalbenkönig" trainiert der Protagonist Philip selbst in einem NLZ. Wie unterscheidet sich das Training hier von anderen Programmen?

JOCHEN SEULING: Der wesentliche Unterschied liegt in der Häufigkeit der Trainingseinheiten. Die Spieler von der U12 bis zur U19 haben in der Regel drei bis vier Einheiten pro Woche. Manche haben noch drei zusätzliche Trainingseinheiten über die Schule. Wir versuchen sehr wettkampfgerecht zu trainieren. Wir haben im Gegensatz zu kleineren Vereinen drei Trainer pro Mannschaft, so dass auch individuell auf die Spieler geachtet und auf deren Stärken und Schwächen eingegangen werden kann. Zusatzangebote wie zum Beispiel Athletiktraining sind ebenfalls Teil des Programms.

SUSANNE BETTELS: Im Stück beschreibt Philip seinen Alltag so: Aufstehen, Frühsport, Frühstück, Training, Schule, Mittagessen, Training und so weiter. Wie kann man sich eine typische Woche hier im NLZ der Kickers vorstellen?

MARIUS FISCHER: Ein typischer Spieler hat montags, mittwochs und donnerstags Training und am Samstag ein Spiel. Statt am geregelten Sportunterricht teilzunehmen, hat er morgens in der Schule immer Fußballtraining oder einen von uns konzipierten Ausgleichssport-Unterricht wie Yoga. Nach der Schule führt der Weg in der Regel direkt zum Training. Das Pensum ist immens.

SUSANNE BETTELS: Philip und sein bester Freund Timo sind auch in jeder freien Minute unzertrennlich. Wie viel bekommen Sie vom privaten Umfeld der Spieler mit?

JOCHEN SEULING: Wir als Leiter des NLZ bekommen nicht ganz so viel von den Spielern abseits des Trainings mit. Ganz anders ist das bei den Trainern selbst. Sie begleiten die Spieler manchmal bereits zwei oder drei Jahre, wissen genau, welche Spieler befreundet, welche familiären Hintergründe vorhanden sind und so weiter. Wenn sich die Leistung im Training verändert, können die Trainer schnell beurteilen, woran das liegen könnte. Wir haben hier bei den Kickers außerdem einen Psychologen und eine pädagogische Mitarbeiterin.

SUSANNE BETTELS: Philip und Timo bemerken nach einiger Zeit, dass sie nicht nur Freunde sind. Timo verliebt sich in Philip. Homosexualität ist im Männerfußball ein sehr spezielles Thema, geoutete aktive Spieler gibt es nicht. Wie gehen Sie mit diesem Thema in einem NLZ mit rein männlichen Spielern um?

JOCHEN SEULING: Ich weiß nicht, ob Homosexualität bei unseren Spielern ein Thema ist, und ich habe bei den Kickers noch nichts Negatives dazu mitbekommen. Wir haben in unseren Statuten zudem Präventionsschulungen verankert, die sich unter anderem mit Antidiskriminierung im Allgemeinen beschäftigen. Für die Spieler sind diese Schulungen einmal im Jahr verpflichtend. Wir versuchen Fehlverhalten bereits im Vorfeld zu verhindern und haben auch dafür in unserer Präventionsbeauftragten und dem Psychologen einen ständigen Ansprechpartner für die Spieler, aber auch für die Trainer.
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