Sibylle Berg begann 2014 mit diesem furiosen Text eine Stück-Serie, die sie im Frühjahr 2021 mit Und sicher ist mit mir die Welt verschwunden beendet hat. Im ersten Teil kämpfen sich drei Frauen durch den Strom dieser schnelllebigen Welt, zwischen permanenter Verfügbarkeit und dem Streben nach dem perfekten Leben.

Wieso fällt es den Menschen so schwer, ihr jeweiliges Gegenüber einfach zu akzeptieren, ohne sich ständig mit Bewertungen und Kategorisierungen darüber zu erheben? Was ist das für eine Welt, in der die Kleidergröße einer Frau über ihren Wert entscheidet? Warum müssen alle, vor allem Frauen, ständig sexuell aktiv sein? Wieso reicht es nicht, einfach sein Leben zu leben? Weshalb muss alles zusätzlich selbst vermarktet und das Leben zu einem einzigen, nie endenden Höhepunkt stilisiert werden?

Oder: Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen
Eine Wohnung, irgendwo in einer Stadt. Am Abend eines normalen Tages, wie es so viele andere gibt. Manchmal sind es genau diese Tage, an denen ein „Darum“ nicht mehr als Antwort auf die Frage „Warum“ reicht und sich das Gedankenkarussell nicht aufhört zu drehen. Dann rauschen die Erinnerungen vor dem inneren Auge vorbei, alle vergangenen Begebenheiten werden hektisch nach einer erklärenden und umfassenden Antwort abgesucht. Bis die Lösung vielleicht in einer schmerzlichen Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit liegt. Aller Mut wird zusammengenommen und sich dieser Begegnung gestellt. So jedenfalls macht es die namenlose Protagonistin in Sibylle Bergs Erfolgsstück. Sie beginnt, ein Video zu drehen und geht mit der Außenwelt hart ins Gericht. Der ganze Wahnsinn des Menschseins und des Frauwerdens in dieser glitzernden und satten Welt wird von ihr gnadenlos analysiert. Mit sicherem Abstand versteht sich, den Kontakt zum Draußen hat sie bewusst aufgegeben. Doch der Druck, Entscheidungen zu treffen, erreicht sie auch in den eigenen vier Wänden; der Druck, zu funktionieren und ein effizienter Teil des großen Ganzen zu sein, lässt sie in der eigenen Wohnung nicht zur Ruhe kommen.
Ihre Mitbewohnerinnen Gemma und Minna frönen ihren jeweiligen Hobbys, und verdrängen so die Frage nach dem Sinn des Lebens. Während Gemma shoppt, um eine gute Bewertung ihres Outfits in den Sozialen Medien zu erhalten, schwitzt Minna beim Zumba für eine schlanke Figur. Die drei, früher eine brutale Mädchengang, die sich mit schlagenden Argumenten Respekt verschaffte, verdienen heute ihren Lebensunterhalt mit selbstgekochtem Viagra samt dazugehörigem Onlinehandel. Die Einsamkeit der Protagonistin an diesem Abend wird durch einen Anruf ihrer Mutter unterbrochen. Anstatt wie sonst ein eher belangloses Gespräch zu führen, fasst sich die Tochter ein Herz und beginnt eine sehr offene und ehrliche Unterhaltung. Für das Mainfranken Theater inszenierte Catja Baumann diese ausgezeichnete Vorlage als einen temporeichen, humorvollen und musikalischen Abend für drei Schauspielerinnen.

Zu Gast in der Zellerau
Ab Oktober gastieren wir mit Und jetzt: Die Welt! im Keller Z87. Dieser ist ein gemeinschaftlich organisierter Ort für Kultur, der das vielfältige Angebot auf dem Bürgerbräu Gelände bereichert. Wir freuen uns, wenn Sie uns auch an diesem Ort besuchen, um mit uns gemeinsam Theater live zu erleben.

Premiere
Sonntag, 10.10. | 20:00 Uhr | Keller Z87 Frankfurter Str. 87, 97082 Würzburg Straßenbahn-Haltestelle: Bürgerbräu
Alle Informationen finden Sie auch unter mainfrankentheater.de/spielstaetten