Im Zeichen des Wandels

Der neue Intendant Georg Rootering und der scheidende GMD Enrico Calesso im Interview
Seit Januar ist Georg Rootering neuer Intendant des Mainfranken Theaters. Als Interimsintendant, so seine korrekte Amtsbezeichnung, fühlt er sich aber nicht. Er will dem Theater mit seiner ganzen Erfahrung dienen. Ein anderer, Enrico Calesso, verlässt nach 14 Jahren im Frühling dieses Jahres das Theater. Im FOYER-Interview treffen beide
aufeinander und erzählen über erste Begegnungen, Gemeinsamkeiten und die Zukunft des Theaters.

Oliver Holzer (OH): Kannten Sie sich, bevor Sie, Herr Rootering, als Intendant an das Mainfranken Theater Würzburg berufen wurden?

Georg Rootering (GR): Es gab eine Begegnung, die aber keine direkte Zusammenarbeit war. Ich war 2008 in Erfurt, wo ich Monteverdis L’Orfeo inszenierte. Und als ich zur Intendanzzeit von Hermann Schneider drei Werke in Würzburg inszenieren durfte, war Enrico hier Erster Kapellmeister.

Enrico Calesso (EC): Ich war mehrere Male in Erfurt und habe die Produktion von Georg als Zuschauer sehr genossen.

GR: Wir haben uns in der kurzen gemeinsamen Zeit, die wir jetzt in Würzburg hatten, sehr intensiv ausgetauscht, gerade über Giuseppe Verdi, aber auch über das deutsche Fach und, und, und ... Wir waren auf einer Wellenlänge. Und es ist eine große Freude, mit einem so kompetenten Musiker in den Austausch zu treten.

EC: Es hätte mich sehr gefreut, mit Georg zusammenzuarbeiten, aber wer weiß, was noch kommt.

OH: Was würdest Du, Enrico, Georg Rootering für seine Zeit am Mainfranken Theater auf den Weg mitgeben?

EC: Für die Weiterentwicklung des Theaters ist Georg der richtige Mann. Das gilt für alle Sparten. Besonders die Theaterfabrik Blaue Halle hat viele positive Aspekte, wie Georg bereits erkannt hat, die man mit der richtigen Herangehensweise optimal nutzen kann. Immerhin ist die Blaue Halle auch für die nächsten fünf Jahre unsere Spielstätte. Die Entwicklung zum Staatstheater darf kein Eckpunktepapier bleiben. Wir sind gerade in einer entscheidenden Phase, das Theater nachhaltig zu etablieren. Welche Rolle kann Theater in der Zukunft spielen? Da müssen wir ansetzen, uns vorbereiten auf die Zukunft und uns auf den Weg machen.

GR: Wenn man jetzt in die nächste Spielzeit 2025/26 schaut, stehen die Eckpfeiler natürlich schon, Theater insgesamt hat einen planerischen Vorlauf von bis zu zwei Jahren. Ich kann also die bestehende Planung nur aufgreifen und noch die eine oder andere Stellschraube drehen. Aber ich bin ganz bei Enrico, dass wir das Haus jetzt auf den Weg zum Staatstheater bringen müssen. Selbst wenn die eigentliche Ernennung noch etwas auf sich warten lassen wird. Aus meiner Perspektive ist das auch ein ganz schöner Übergang zwischen dem Abschied von Generalmusikdirektor Enrico Calesso und der Erwartung auf seinen Nachfolger Mark Rohde.
Enrico Calesso beim Neujahrskonzert 2024. Foto: Patty Varasano
OH: Enrico, Du hattest Dir für deinen Abschied die musikalische Leitung von Alban Bergs Wozzeck gewünscht. Warum?

EC: Ich finde dieses Werk so sensationell, schon immer. Als ich angefangen habe, mich für deutsche Literatur zu interessieren, war Büchner meine erste Begegnung. Ich habe zuerst Dantons Tod gelesen, dann Woyzeck. Es hat mich, wie sagt man? Richtig geflasht. In meiner musikalischen Ausbildung hat michdann Alban Bergs Wozzeck mit seiner ganzen kompositorischen Bandbreite mitgenommen. Die Verquickung von Gesang, Sprache und Musik ist einmalig und Wozzeck ein zentrales Werk in der Musikgeschichte. Ich wollte natürlich auch eine Setzung zu meinem Abschied. Und da ist Wozzeck eine ganz tolle Aufgabe, bei der das Haus im Ganzen die Möglichkeit hat, zu zeigen, was es kann: Orchester, Sängerinnen und Sänger die Spielstätte.

OH: Für Sie, Herr Rootering, hat Wozzeck eine besondere Bedeutung.

GR: Das Werk ist eine Schnittstelle in der Musikgeschichte und steht auch für uns 2025 für einen Wandel.

OH: Möchten Sie Enrico noch etwas mit auf den Weg geben?

GR: Ich wünsche Enrico alles Glück der Welt. In Turin, Rom und Florenz durfte ich als Regisseur arbeiten. Die italienische Musik und Theaterszene ist grandios. Wenn man das einmal als Künstler kennenlernen durfte, dann weiß man um diese Kreativität. Und das Teatro Giuseppe Verdi in Triest nimmt in der italienischen Szene eine wichtige Position ein. Ich kann also sehr gut verstehen, dass Enrico den Weg zurück in seine Heimat gehen möchte.

EC: Grazie mille, lieber Georg.

GR: Wir sehen uns wieder. Ganz bestimmt.
Interimsintendant Georg Rootering. Foto: Thomas Obermeier
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