Budenzauber in der Blauen Halle

Doppel-Interview: Regisseur Tristan Braun und Darstellerin Katrin Merkl über das Märchen im Grand Hotel
Am 30. November verwandelt sich die Bühne der Blauen Halle in die Lobby eines Grand Hôtels. In Paul Abrahams 1934 uraufgeführtem Märchen im Grand Hôtel wimmelt es nur so von operettentypischen Klischees: Standesunterschiede hier, Last-Minute-Aufklärung großer Missverständnisse da, garniert mit schillernder Musik. Regisseur Tristan Braun und Schauspielerin Katrin Merkl geben einen Einblick in die Proben und verraten, was die Zuschauerinnen und Zuschauer erwartet.

Oliver Holzer (OH): Märchen im Grand Hôtel ist die zweite Operette nach der lustigen Witwe aus der vergangene Spielzeit, die Du am Mainfranken Theater inszenierst. Was unterscheidet die beiden Produktionen?

Tristan Braun (TB): Der Wesentlichste Unterschied zwischen den beiden Operetten liegt im Stil. Märchen im Grand Hôtel geht mit seinen jazzigen Melodien schon sehr in Richtung Musical. Die Dialoge und das Tempo sind anders und schneller. Märchen im Grand Hôtel stammt aus dem Jahr 1934. Auch diesen zeitlichen Unterschied merkt man beiden Operetten an. Märchen im Grand Hôtel ist wie ein Tanz auf dem Vulkan, es sind Melodien, die jeder mitsingen kann. Grand Hôtel greift Motive und Namen aus der Entstehungszeit auf.

OH: Liebe Katrin, welche Rolle spielst Du im Grand Hôtel?

Katrin Merkl (KM): Ich spiele Marylou, Tochter des Filmproduzenten Sam Macintosh, die die Firma des Vaters übernehmen und wieder in die Spur bringen will. Dieses Vorhaben führt sie ins Grand Hôtel, und dort erlebt sie dann allerlei Verwicklungen.

Oliver Holzer (OH): Operetten sind oft als reine Unterhaltung verschrien. Gibt es aus Deiner Sicht einen aktuellen zeitgeschichtlichen Bezug, warum Märchen im Grand Hôtel in die heutige Zeit passt?

TB: Ja, den gibt es. Reine Unterhaltung ist nie reine Unterhaltung. Es gibt immer eine tiefere Ebene. Gute Komik hat auch immer eine Melancholie. Der Zeitbezug ist in meinen Augen sehr brenzlig aber auch sehr präsent. Das Stück wurde in den 1930er Jahren geschrieben, und man merkt den Beteiligten Personen an, wie sie den schon erwähnten Tanz auf dem Vulkan nutzen und auf die Bühne bringen. Dieses Gefühl ist heute auch wieder da, dass die Realität nicht mehr greifbar ist, weil sie uns überfordert. Und in diesem Grand Hôtel sitzen auch Personen, die da eigentlich nicht freiwillig sind. Sie sind im Exil, und sie sind auf der Suche, nach sich, nach ihrem Leben. Da kommt das Thema Migration auf die Tagesordnung. Und das ist heute auch wieder so aktuell.

OH: Musical oder Operette – worin liegt der
Unterschied?

KM: Die Frage sollte lieber mein Theatergeschichte- Professor beantworten. Ja, natürlich gibt es einen Unterscheid, allein schon, wo diese beiden Richtungen entstanden sind. Operette kommt aus Europa, das Musical aus den Vereinigten Staaten. Die Ähnlichkeiten liegen im Tempo oder dass auch mehrere Sparten zusammenkommen, also das Orchester, die Sänger, der Tanz. Märchen im Grand Hôtel ist sehr nah am Musical der 1930er-Jahre.

OH: Drei gute Gründe, warum man sich das Märchen im Grand Hôtel anschauen sollte.

KM: Da gibt es natürlich viel mehr als nur drei Gründe. Aber ich fange mal an: Spaß, Amüsement, das Publikum wird eine Menge Spaß und einen lustigen Abend haben. Der zweite Grund: die Musik. Es gibt einen Ohrwurm nach dem anderen. Und zu guter Letzt gibt es bei aller Unterhaltung auch noch ein bisschen politischen Input. Fällt Dir auch noch was ein?

TB: Erstens steht da ein hammergeiles Ensemble auf der Bühne. Zweitens ist Märchen im Grand Hôtel ein Stück, das das Publikum echt berührt und mitnimmt und reflektieren lässt, auf die Zeit in der wir gerade leben. Und
drittens, weil es uns, das hoffe ich zumindest, gut gelingt, einen echten Budenzauber auf die Bühne zu bringen.


PREMIERE
Samstag, 30. November 2024 | 19:30 Uhr | Theaterfabrik Blaue Halle

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